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Höcke Hoax 2 – was steht denn nun im Verfassungsschutz-Bericht?

In diesem Jahr hat sich der Verfassungsschutzbericht von Thüringen etwas verspätet. Björn Höcke, der Vorsitzende der AfD in Thüringen, hatte dies kritisiert. Seiner Meinung nach hielt die Landesregierung „den Verfassungsschutzbericht für die Jahre 2014 und 2015 bewusst aus politischen Gründen zurück„.

Im Original auf Facebook geht es noch weiter. Dort heißt es als Begründung für die angebliche Zurückhaltung des Berichtes:

Hintergrund ist eine abgeschlossene, aber bislang nicht veröffentlichte Untersuchung über islamistischen Extremismus in Thüringen, an der auch das Landeskriminalamt beteiligt war. Den AfD-Informationen zufolge beschreibt der Bericht eine Besorgnis erregende Entwicklung. Anlass der Untersuchung waren die massiven Ausschreitungen in der Erstaufnahme-Einrichtung in Suhl vor einem Jahr.

Außerdem sollten neue Informationen des Verfassungsschutzes über die militante linksextremistische Szene in Jena zurückgehalten werden. In Jena hat die Zahl linksextremistischer Übergriffe in den vergangenen beiden Jahren massiv zugenommen.

Mittlerweile ist der Verfassungsschutzbericht für die Jahre 2014 und 2015 veröffentlicht. Die Landesregierung hat für die Verspätung auch einen Grund geliefert: der Bericht umfasst nun zwei Jahre und die personellen und strukturellen Umstellungen im Landesamt für Verfassungsschutz hatten dafür gesorgt, dass der Bericht verspätet erschien.

Was steht nun im Thüringer Verfassungsschutzbericht für 2014/15?

Um es gleich zu Anfang zu sagen: die von Höcke vermuteten brisanten Informationen in Sachen Islamismus und Linksextremismus gibt es nicht.

Die Zahlen von Islamisten und Salafisten in Thüringen liegen nach wie vor im unteren dreistelligen Bereich und haben sich auch nicht wesentlich nach oben entwickelt. Im Gegenteil ist der Zuwachs in diesem Bereich vor dem Hintergrund der Flüchtlinge im Freistaat vergleichsweise moderat. Interessant ist auch folgende Feststellung: „Festgefügte islamistische Organisationsstrukturen sind in Thüringen nicht bekannt.

Der Verfassungsschutz dazu gibt folgende Zahlen an:

  • Islamisten: ca. 150 Personen (2014: 125)
  • davon Salafisten: ca. 100 Personen (2014: 75)

Auch im linksextremen Bereich gibt es wenig Überraschungen. Die Zahl von gewaltorientierten Linksextremisten liegt in Thüringen stabil seit 2013 bei ca. 130 Personen. Dem gegenüber stehen im Übrigen ca. 350 bekannte rechtsextreme Personen.

Bei den links-motivierten Straftaten gibt der Verfassungsschutz für 2015 373 Strataten an. Das ist tatsächlich ein Anstieg gegenüber 2014 und auch 2013, der größte Teil des Anstiegs besteht aber aus Verstöße gegen das Versammlungsgesetz. Rechnet man diese Verstöße heraus, sinkt die Zahl der Straftaten 2015 sogar im Vergleich zu den Vorjahren leicht ab.

Was bleibt von Björn Höckes Aussagen?

Insgesamt bleibt daher fest zu halten, dass es keine wirklichen Anhaltspunkte dafür gibt, warum die Landesregierung, wie von Herrn Höcke vermutet, diesen Bericht zurück halten sollte. Im Gegenteil, ob diese Infos nur zwei Wochen oder auch einen Monat verspätet kommt, macht an sich keinen Unterschied.

Auch die Idee von Björn Höcke, der Bericht würde zurück gehalten, „um diese Terrorgefahr erst nach den Landtagswahlen in Berlin einzugestehen„, lässt sich nicht aus dem Bericht ablesen. Im Bericht selbst gibt es keinen Hinaweis auf konkrete Terroristen in Thüringen – es gibt Angehörige verschiedener Glaubensrichtungen, aber keinen Hinweis auf Terror. In Berlin wird man den Bericht daher aller Wahrscheinlichkeit nach gar nicht mitbekommen haben.

Dieser Beitrag hat 3 Kommentare

  1. Neidhart von Schwarzburg

    Nun ja, in dem Bericht steht aber auch:

    „In den letzten Jahren ist die islamistische Szene im Freistaat Thüringen quantitativ gewachsen. Aktuelle Propagandavideos verschiedener islamistischer Organisationen im Internet belegen: Die Bundesrepublik Deutschland – und damit auch Thüringen und seine Bürger – werden von Salafisten als Feindbild angesehen. Vor diesem Hintergrund sind nicht nur potenzielle Anschlagsziele, wie z. B. politische Institutionen, Behörden, die Verkehrsinfrastruktur oder Großveranstaltungen, denkbar. Aufgrund seiner zentralen Lage innerhalb Deutschlands bietet Thüringen auch einen geeigneten Rückzugsraum und Treffort für Anhänger der islamistischen Szene aus dem gesamten Bundesgebiet.“

    Das Gefährdungspotenzial insbesondere durch entsprechend radikalisierte Einzeltäter steigt.

    Vorrangig in den Krisenregionen Asiens und Afrikas bestehen unkontrollierte Rückzugs- und
    Ausbildungsräume. Gleichzeitig ist dort ein symbolträchtiger Fokussierungsort für Salafisten
    in Deutschland entstanden. Mittlerweile
    sind auch aus Thüringen einige Anhänger der islamistischen Szene in Kampfgebiete , z.B.
    nach Syrien oder in den Irak, ausgereist.
    Die Beobachtungen des Thüringer Verfassungsschutzes im Berichtszeitraum führen daher zu dem Schluss: Die professioneller werdende islamistische Propaganda erreicht auch hier Interessierte und wirkt radikalisierend.
    Die Rekrutierung Jugendlicher erfolgt auf drei Wegen: Neben dem Internet und den sozialen Netzwerken spielen vor allem das persönliche Umfeld und salafistische Propagandamaß
    nahmen eine Rolle (z.B. Lies! -Aktionen
    in Erfurt, Weimar und Nordhausen).

    Angesicht der latent hohen Gefährdung erfolgt ein enger Informationsaustausch zwischen den deutschen Sicherheitsbehörden und darüber hinaus mit ihren Partnerinstitutionen im Ausland.

    Diese Formulierungen könnten durchaus Öl auf Björn Höckes inneren Fackelmarsch sein.

    1. Bastian Ebert

      Ja ich kann mir durchaus vorstellen, dass es da wieder Probleme gibt, denn den Unterschied zwischen einem abstrakten Bedrohungspotential und einem konkreten Terror in Thüringen hatte Höcke schon in seinen vorigen Äußerungen nicht auf dem Schirm.

  2. Neidhart von Schwarzburg

    Ähem … nun ja … wenn ich „terroristisches Bedrohungspotential“ lese, das man „nicht überschätzen“ soll, denke ich automatisch an drei Junge Menschen, zwei Männer und eine Frau, aus dem beschaulichen Jena … „Aus Thüringen kommt mehr als man denkt“

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