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Die Tretenburg – Helms Klamm der alten Thüringer

Die Tretenburg – Helms Klamm der alten Thüringer – In Tolkiens Herr der Ringen flieht das Volk der Rohirrim vor den heranrückenden aus der Hauptstadt Edoras in die Berge zur Fluchtburg Helms Klamm. Tolkien bedient sich dabei einer Taktik, die man von vielen Völkern kennt und auch in Thüringen gibt es Hinweise auf eine zentrale Fluchtburg, die in Zeiten größter Not den Thüringern Schutz geboten haben soll: die Tretenburg.

Auf den ersten Blick hat die Tretenburg eher wenig mit Helms Klamm zu tun. Das Reste befinden sich nicht in einer eindrucksvollen Schlucht, sondern im Tiefland des Unstrut-Tales und sind und waren auch nie von Bergen umgeben, sondern von einer sumpfigen Auenlandschaft. Die Tretenburg ist dabei eine deutliche Anhöhe in dieser Niederung.

Zur Fluchtburg und zum zentralen Thing Platz der Thüringer machen die Burg wohl zwei Punkte: zum einen die zentrale Lage im ehemaligen Siedlungsbereich des Thüringer Königreiches und zum anderen die schlechte Erreichbarkeit. Die umgebende Sumpflandschaft (mittlerweile ist davon kaum noch etwas übrig) machte die Erreichbarkeit schwierig. Schnelle Reiterheere haben mit dem Gelände ein Problem, ebenso ist ein Einsatz von großem Kriegsgerät kaum möglich. Für Heere war die Tretenburg schwer und nur langsam zu erreichen – in Notzeiten also ein guter Rückzugsort.

Der Name Unstrut gibt dabei bereits einen Hinweis auf diese Funktion. Die frühe Bezeichnung Onestrudis soll sich von Sumpfdickicht ableiten und daher kann man davon ausgehen, dass die Niederungen der Unstrut sowohl von Sumpf als auch von Dickicht durchzogen waren. Die Wege zu Tretenburg waren daher wohl schmal und nur den Einheimischen bekannt, wer sie nicht kannte, musste sich durch Sumpf und Morast kämpfen. Bis ins späte Mittelalter waren die morastischen Ufer der Unstrut beispielsweise ein Problem bei der Schiffbarmachung des Flusses.

Tolkien beschreibt die Verteidigungsanlagen in Helms Klamm in seinen Büchern dabei recht genau. Von der Tretenburg ist dagegen wenig bekannt. Man kann aber wohl davon ausgehen, dass es im frühen Mittelalter (und eventuell auch früher) eine Konstruktion aus Holz- und Steinwällen war, die dann später eventuell mit steinern Mauern ergänzt wurde.

DGM Geländemodell der Tretenburg-Erhebung

Die Tretenburg als Fluchtburg

Derzeit gibt es in der Geschichte Thüringen zwei Ereignisse, bei denen die Tretenburg (wahrscheinlich) als Fluchtburg genutzt wurde. Im Jahr 642 hatte sich Herzog Radulf von Thüringen gegen die Franken aufgelehnt und diese zogen daher mit einem Heer ins Land um Gehorsam zu erzwingen. Radulf verschanzte sich in einer Burg über der Unstrut und besiegte die Angreifer (auch wegen deren Uneinigkeit). Die Tretenburg wird hier nicht direkt genannt, aber es scheint nicht wahrscheinlich, dass es mehrere größere Fluchtburgen an der Unstrut gegeben hat.

Eine weitere Überlieferung, die aber wohl keinen direkten historischen Kern hat, fasst Ereignisse um den Missionar Bonifatius zusammen. Dieser soll mit einem Heer nach Thüringen gezogen sein um das Christentum zu bringen und die Thüringer flohen vor ihm auf die Tretenburg, die in diesem Zusammenhang auch namentlich erwähnt wird. Man einigt sich dann aber friedlich nach der Legende und Bonifatius baut eine erste Kirche auf dem Berg. [1][2]

Es ist allerdings nicht bekannt, das Bonifatius jemals ein Heer angeführt oder gegen die Ungarn ins Feld gezogen wäre. Einige Historiker gehen daher davon aus, dass die letzte Sage möglicherweise aus mehreren Ereignissen zusammengesetzt wurde.

Die Tretenburg als zentraler Thing-Platz

Ebenfalls zwei Mal gibt es belegbare historische Hinweise auf die Nutzung der Tretenburg als zentraler Versammlungsplatz. Diese Thing-Plätze sind meistens sehr alt und wurden dann genutzt, wenn der gesamte Stamm größere Entscheidungen treffen musste: etwa um in den Krieg zu ziehen oder bei größeren Gerichtsverfahren.

Eine dieser Entscheidung ist für das Jahr 1073 erwähnt. Die Sachsen ersuchten in Thüringen nach Unterstützung für ihren Krieg gegen den Kaiser Heinrich den IV. und die Thüringen versammelten einen Landtag auf der Tretenburg um dies zu beraten. Letztendlich entschloss man sich, den Sachsen zu helfen und gemeinsam in den Krieg zu ziehen.

Etwa 50 Jahre später wird ein weiterer Landtag der Thüringer auf der Tretenburg erwähnt. Erzbischof Albrecht von Mainz wollte den Zehnt für ganz Thüringen einführen und die Bewohner hatten wenig Lust, diese zusätzliche Abgabe zu zahlen. 20.000 sollen sich daher im Jahr 1123 auf der Tretenburg versammelt haben um sich zu beraten. Schlussendlich verweigerte man die Zahlung und zog aus zur Belagerung von Erfurt um den Zehnt rückgängig zu machen. Die Thüringer hatten damit Erfolg, nach harter Belagerung nach der Erzbischof von seinen Forderungen Abstand. [1][2]

Man kann wohl davon ausgehen, dass neben diesen überlieferten Ergebnissen auch noch zu anderen Zeiten Landtage auf der Tretenburg stattfanden, die aber keinen Eingang in die Chroniken aus dieser Zeit fanden.

Der Name der Tretenburg

In den früheren Jahren war die Burg neben dem Namen Tretenburg auch unter anderen Bezeichnungen bekannt. Man findet in der Literatur die Namen Trettaburg, Treutenburg, Triteburg oder auch Trittenburg. Der Name soll unter anderem daher rühren, dass die Thüringen hier ihren Thing-Platz hatten und daher zu großen Versammlungen und bei wichtigen Entscheidungen zusammengetreten sind. [3] Ob das allerdings wirklich haltbar ist, lässt sich kaum sagen, es scheint wenig Forschungen in diesen Richtung gegeben zu haben.

Das Ende der Tretenburg

Die Tretenburg ereilte ein Ende, das man von vielen anderen Burgen und Befestigungen in Thüringen kennt. Um 1290 hatten sich viele Burgen zu Sitzen von Raubrittern entwickelt und stellten eine Gefahr für den Handel dar. Kaiser Rudolf zg daher mit einem Heer gegen diese Burgen und soll insgesamt 66 Befestigungen geschliffen und zerstört haben. Darunter war auch die Tretenburg und sie wurde nicht wieder aufgebaut, wohl auch weil sich deren Zweck als Versammlungsplatz und Schutzburg überlebt hatte. Die Steine der Befestigungsanlage sollen im Umland verbaut worden sein, viel mehr ist nicht von der ehemaligen Fluchtburg der alten Thüringer übrig geblieben.

Literatur

1 – Eupel, Thüringen und der Harz: mit ihren merkwürdigkeiten Volkssagen und Legenden (1839) ab Seite 130 – https://books.google.gr/books?id=emZHAAAAYAAJ&pg=RA2-PA131&lpg=RA2-PA131&dq=radulf+tretenburg&source=bl&ots=kZxZgZK5rn&sig=ACfU3U0aNMtO46yk7WNgnDyuWC5r5dnS7A&hl=de&sa=X&ved=2ahUKEwicpsC886DyAhVR_7sIHTY7BXUQ6AF6BAgVEAM#v=onepage&q=radulf%20tretenburg&f=false

2 – Mattheus Desser, ISAGOGE HISTORICA (1601) ab Seite 356 -https://www.google.de/books/edition/ISAGOGE_HISTORICA_Das_ist_Historische_Er/Fd3uRs-QpZIC?hl=de&gbpv=1&dq=treutenburg&pg=PA356&printsec=frontcover

3 – Johann Christopf Olearius , Rerum Thuringicarum Syntagma (1704) ab Seite 357 – https://books.google.gr/books?id=bP4-AAAAcAAJ&pg=PA357&lpg=PA357&dq=trettaburg&source=bl&ots=k5QJk2SoH3&sig=ACfU3U1l5k0T6qbl_5Vx6ZSVJkkJ830IrQ&hl=de&sa=X&ved=2ahUKEwigrZHK-KDyAhV4hf0HHVnjDyIQ6AF6BAgWEAM#v=onepage&q=trettaburg&f=false

Dieser Beitrag hat 3 Kommentare

  1. Mark

    Sehr ausführlich beschäftigt sich Joachim Kuhles in seinem Buch: Gebesee: Geschichte einer Kleinstadt im Spiegel thüringischer Geschichte; Band 1 mit der Trettenburg.
    Herzliche Grüße

    1. Bastian Ebert

      Danke für den Hinweis, gibt es das Buch noch irgendwo online zu erwerben?

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