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Mietanstieg in Jena – was sagt der Mietspiegel dazu?

In der OTZ wurde heute eine Pressemitteilung des Immobilienportals Immowelt veröffentlicht, in der für Jena in den letzten 10 Jahren ein Mietanstieg von 29 Prozent konstatiert wurde. Grundlage dafür waren die Inserate auf dem Portal. Daraufhin gab es eine interessante Diskussion, wie aussagekräftig diese Zahlen tatsächlich sind. Da wesentliche Anbieter nicht auf Immowelt vertreten sind, hält sich die Aussagekraft zumindest für die Gesamtstadt eher in Grenzen.

Mietspiegel als bessere Grundlage

Ich habe die Diskussion als Anlass genommen, mir die Mietspiegel der letzten 10 Jahren genauer anzuschauen und anhand dieser Daten zu prüfen, wie sich die Mietsituation in Zahlen entwickelt hat. Es gab bereits 2007 einen Mietspiegel in Jena (damals noch nicht in qualifizierter Form) und daher kann man dies sehr gut mit den Zahlen 2017 vergleichen.

Allerdings hat auch die Datenbasis des Mietspiegels Einschränkungen und gibt damit nicht den gesamten Jenaer Wohnungsmarkt wieder. In den Details zum Mietspiegel heißt es:

  • Wohnungen in Ein- und Zweifamilienhäusern,
  • Wohnungen, deren Erstellung oder Modernisierung mit Mitteln öffentlicher
    Haushalte gefördert wurden und deren Miethöhe deshalb einer Preisbindung unterliegt,
  • Wohnungen mit gemäß Mietvertrag gewerblich oder teilgewerblich genutzten Räumen,
  • Werks-, Dienst- oder Hausmeisterwohnungen,
  • vollständig untervermieteten Wohnraum,
  • Wohnungen in Heimen und Anstalten, in dem Zusatzleistungen des Vermieters
    gewährt werden (z.B. Verpflegung, Betreuung, med. Einrichtungen),
  • Wohnraum in einer heimähnlichen Unterkunft (z. B. in Studenten- oder
    Jugendwohnheimen),
  • Wohnraum, der nur zum vorübergehenden Gebrauch vermietet ist,
  • Wohnungen, für die ein Staffelmietvertrag vereinbart worden ist,
  • Wohnungen mit Zeitmietvereinbarungen und festen Mietzinsvereinbarungen
    über eine Zeitdauer von mehr als drei Jahren,
  • möbliert oder teilmöbliert vermietete Wohnungen,
  • Wohnungen, deren Küche, Toilette und Bad, wenn vorhanden, von anderen
    Mietparteien mitbenutzt werden
  • Wohnungen, die nicht vom Vermieter mit Bad, WC und Sammelheizung
    ausgestattet worden sind.

Der Mietspiegel 2017

Das Problem dabei: Der Mietspiegel hat sich über die Jahre verändert. Mittlerweile nutzt Jena einen qualifizierten Mietspiegel dessen Berechnung sich verändert hat und auch die Kategorien sind nicht mehr einfach vergleichbar. Etwa gleich geblieben ist die Einteilung nach der Wohnungsgröße und deren Unter-Bereiche.

Die Berechnung

Um die unterschiedlichen Unterteilungen nach Baualter, Lage und Ausstattung zu kompensieren, habe ich sowohl für die kleinsten als auch die größten Wohnungen jeweils ALLE Unterkategorien betrachtet und in diesen Kategorien jeweils den niedrigsten und höchsten Wert genommen. Damit kann ich über beide Mietspiegel immer die billigsten und die teuersten Wohnungen vergleichen, unabhängig von Alter, Lage und Ausstattung.

Konkret bewegten sich die sanierten Wohnungen unter 45m² 2007 in folgendem Bereich: 4,30 Euro bis 7,80 Euro. Im Mietspiegel 2017 lagen die Zahlen dann wie folgt: 4,68 Euro bis 11,09 Euro. Der Anstieg betrug in diesem Zeitraum also 0,38 Euro (8,84%) bzw. 3,29 Euro (42,18%) pro Quadratmeter. Mittelt man diese Werte dann wieder, kommt ein durchschnittlicher Betrag von 25,51% als Mietanstieg in diesem Zeitraum heraus.

Bei den größeren Wohnungen kann man dieses System genau so anwenden. Wohnungen mit mindestens 80m² kosteten 2007 zwischen 3,5 Euro und 7,30 Euro. 10 Jahre später sahen die Zahlen wie folgt aus: 5,02 bis 9.76 Euro. Der Anstieg liegt hier also in diesem Zeitraum bei 0,74 Euro (+21,14%) bzw. 2,71 Euro (+37,12%). Das ist ein Plus von 29,13% im Mittel über beide Werte.

Im Fazit liegen diese Zahlen gar nicht so weit von den Angaben von Immowelt entfernt. Auch wenn man den Mietspiegel betrachtet, gibt es in den letzten 10 Jahren eine Steigerung bei den Mieten von bis zu 30 Prozent, wobei dieser Wert je nach Größe der Wohnung durchaus unterschiedlich ausfällt.

Mietspiegel Jena 2007

Der Mietspiegel Jena 2007 ist zwar von vielen externen Seiten verlinkt, im Webauftritt von Jena.de aber nicht mehr zu finden und daher habe ich ihn hier nochmal hoch geladen und online gestellt (auch für spätere Analysen): Mietspiegel Jena 2007 | Mietspiegel Jena 2009 | Mietspiegel Jena 2013

Dieser Beitrag hat 2 Kommentare

  1. Milan Wirth

    Es ist schon fast unerträglich, wie sehr mathematisch unrichtig und damit sinnentstellend die aus den Mietspiegeln entnommenen Zahlen weiter verwendet werden.
    Kein Naturwissenschaftler oder Stochastiker (Mathematik der Wahrscheinlichkeit) käme auf die Idee, aus einer Zahlenbasis mit mehr als 10 Prozent Fehlertoleranz ein Ergebnis mit Hundertstel Genauigkeit zu präsentieren.
    Der Autor fällt hier in den gleichen Irrtum, wie das lesende Jenaer Publikum, dem man die Mietspiegel seit 2003 präsentiert – egal ob „Qualifiziert“ oder nicht. Spätestens bei den Anmerkungen mit * oder ** an der Tabelle vom Mietspiegel 2017 sollte man wissen: Die „Qualifizierten“ Mietspiegel sind zwar für die Stadt Jena sehr teuer, aber die zu dünne Datenbasis (nur freiwillig, damit zufällig zurückgesendete Fragebögen, die nur einen kleinen Bruchteil des wirklichen Wohnbestandes in Jena widerspiegeln) verhindert eine nur annähernd wahre Darstellung der Mietverhältnisse.
    Aber: Mit einem „Qualifizierten“ Mietspreisspiegel haben zwei von drei Marktteilnehmern eine Trumpfkarte in der Hand. 1.) Die Stadtverwaltung diktiert damit den SGBII-Leistungsberechtigten, was offiziell „angemessene Mietpreise“ sind. 2.) Dem Vermieter erlaubt der Mietspiegel seit November 2017 eine rechtswirksame Mieterhöhung um 30 Prozent – UND er darf das Spiel in 3 Jahren wiederholen, also wieder +30 % und so weiter und so weiter.
    Für den 3.) – den Mieter – bleibt bei dieser Zahlen-Zauberei nur eines: Die Arschkarte.

    1. Milan Wirth

      Entschuldigung – eine Zahl im Text ist falsch: Der Vermieter hat nach BGB §§ 558 ff das Recht, die (Kalt)Miete um 20 Prozent – nicht 30 Prozent – zu erhöhen. Und dies dann nach jeweils drei Jahren wiederholen.
      Das ist immer noch staatlich durch BGB-Änderung ausgelöster Mietwucher, denn so darf sich die Miete entwickeln:
      2015 = 100
      2018 = 120
      2021 = 144
      2024 = 172,8
      2027 = 207,3 Also Verdopplung nach nur 12 Jahren!

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