In der neuen Beschlussvorlage des Oberbürgermeisters zum Thema Wachstum werden die Grundsätze der zukünftigen Entwicklung von Jena skizziert. Wachstum kostet Geld und daher wurden im Beschluss auch einige Details zur Finanzierung dieses Wachstum (neben den anderen geplanten Vorhaben) hinterlegt. Konkret wird hierbei zum ersten Mal seit mehreren Jahren wieder das Thema Schulden angesprochen. Nach einem kontinuierlichen Abbau des Schuldenstands der Stadt soll es mit dieser Vorlage zukünftig wieder möglich sein, bei Bedarf neue Schulden aufzunehmen.
Im Papier zum Wachstum für Jena heißt es zum Thema Neuerschuldung:
Zur Finanzierung der Investitionen dürfen insgesamt maximal 24 Mio. € Kreditaufnahme (ohne gewerbliche Kredite nach § 6a Hauptsatzung) vorgesehen werden. Die Tilgung dieser Kredite ist bis Ende 2024 vorzusehen. Wenn eine solche Kreditaufnahme eingeplant wird, ist ein entsprechender, die Hauptsatzung ändernder Beschluss vorzulegen. Dabei ist aufzuzeigen, welche Maßnahmen ohne diese Kreditaufnahme nicht 2019/20 begonnen werden könnten.
Aktuell wäre diese Kreditaufnahmen nicht möglich. Nach dem Votum der Bürger im Bürgerhaushalt hat der Stadtrat 2009 sowohl ein Entschuldungskonzept beschlossen als auch ein Neuverschuldungsverbot in die Hauptsatzung aufgenommen. Neue Kredite zur Finanzierung von Investitionen sind damit derzeit nicht mehr möglich bzw. nur dann, wenn es sich um rentierliche Investitionen handelt.
Was sagen die Jenaer zum Thema Neuverschuldung?
Seit 2009 sind natürlich schon einige Jahre vergangen daher wäre es durchaus möglich, dass die Bürger ihre Meinung zur Entschuldung geändert haben. Tatsächlich wurde im Bürgerhaushalt 2014 dieses Thema nochmal abgefragt und so gibt es Daten zur Meinung der Jenaer zum Thema Neuverschuldung, die auch relativ aktuell sind.
Der größte Teil der befragten Bürger (57,6 Prozent) war der Meinung, dass das aktuelle Entschuldungskonzept in der ursprünglichen Form beibehalten werden sollte. Konkret wäre damit eine Entschuldung der Stadt 2025 erreicht. Da derzeit bereits mehr getilgt wurde als vorgesehen, wäre es sogar möglich, in den kommenden Jahren die Entschuldung etwas zu verlangsamen und damit Summen für den Haushalt bereit zu stellen.
Zur Kreditaufnahmen gab es in dieser Befragung ebenfalls eine klare Meinung. Die Bürger bestätigten nochmal, dass gewerblich Investitionen in lohnende Objekte auch weiterhin per Kredit finanziert werden können (55,2% Zustimmung). Das war bisher auch bereits eine Ausnahme im Neuverschuldungsverbot gewesen. Dazu stimmten aber auch 61,1% der befragten Bürger neuen Krediten zu, wenn diese zur Finanzierung von „aufgrund steigender Einwohner- oder Kinderzahlen nötiger Investitionen zur Erfüllung kommunaler Pflichtaufgaben“ genutzt würden. Das wäre eine weitere Ausnahme im Neuverschuldungsverbot, denn diese Form der Kreditaufnahme wäre aktuell noch verboten. Andere Formen von Krediten und Schulden neben diesen beiden Ausnahmen werden aber abgelehnt. Klare 76,7 Prozent der Befragten sprachen sich gegen eine generelle Aufhebung des Neuverschuldungsverbotes aus.
Insgesamt möchten die Jenaer Bürger also weiter an der Entschuldung der Stadt festhalten, sprechen sich aber durchaus dafür aus, das mehr Investitionen als bisher per Kredit finanziert werden können.
Die Konsequenzen
Im Beschluss zum Wachstum in Jena spiegelt sich dieser Bürgerwille bisher nicht wieder. Dort gibt es keine Begrenzung der Kreditaufnahmen auf bestimmte Formen, stattdessen wird die Kreditaufnahme für alle möglichen Investitionen frei gegeben. Limitierung gibt es lediglich bei der Höhe (24 Millionen Euro), der Zurückzahlung (bis 2024) und bei der Beschlussfassung. Letzteres ist aber ohnehin notwendig, da sonst diese Form der Finanzierung gegen die Hauptsatzung verstoßen würde.
Insgesamt gesehen sollte also die Vorlage zum Wachstum noch abgeändert werden und erfassen, dass die Aufnahme der neuen Schulden nicht frei erfolgen kann, sondern streng zweckgebunden für die Finanzierung von wachstumsbedingten zusätzlichen Pflichtaufgaben. Dazu sollte natürlich auch eine Priorisierung vermerkt werden, dass solche Pflichtaufgaben vorrangig finanziert werden. Damit kann man vermeiden, dass man andere Projekte vorzieht und die Pflichtaufgaben dann mit Verweis auf nicht mehr vorhandene Mittel per Kredit finanziert.
Man könnte natürlich auch versuchen, eine aktuelle Umfrage zu starten um zu prüfen, ob die Jenaer Bürgerschaft die vorgeschlagene Form der Kreditaufnahme mitträgt. Allerdings gibt es den Bürgerhaushalt in der bekannten Form derzeit nicht mehr, es müßte also wohl eine andere Form der Befragung gefunden werden.
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