In Thüringen gibt es mittlerweile einige Instrumente, mit denen sich Bürger direkt in die Entscheidungsprozesse des Gemeinde- oder Stadtrates einbringen können. Konkret sind dies der Einwohnerantrag, mit dem man ein Thema auf die Tagesordnung des jeweiligen Rates setzen kann und das Bürgerbegehren, mit dem man die Bürger selbst über ein bestimmtes Thema abstimmen lässt (das dann in einem Bürgerentscheid mündet). Daneben gibt es natürlich noch viele anderen Formen, mit denen sich Bürger in ihrer Kommune einbringen können, aber offiziellen Gesetzesrang (nach der Thüringer Kommunalordnung biw neu dem Thüringer Gesetz zur direkten Demokratie auf kommunaler Ebene) haben nur diese beiden Instrumente.
Frank Kuschel (LINKE) hat bei der Landesregierung angefragt, wie oft die jeweiligen Formen 2017 in Thürnigen zum Einsatz kamen und die Zahlen dazu wurden mittlerweile veröffentlicht. Das erlaubt einen Blick darauf, wie beliebt bzw. genutzt diese Instrumente mittlerweile sind.
Nur selten angewandt
Die schlechte Nachricht: sowohl Bürgerantrag als auch Bürgerbegehren kamen im letzten Jahr jeweils weniger als 10 Mal zu Einsatz. Konkret hat die Landesregierung folgende Fallzahlen aufgelistet:
- Bürgerantrag: 6 Fälle über das gesamte Jahr 2017 verteilt
- Bürgerbegehren: 7 Fälle über das gesamte Jahr 2017 verteilt
Insgesamt wurden diese Formen der Bürgerbeteiligung als nur 13 Mal eingesetzt.
Dabei überrascht vor allem die geringe Anzahl der Einwohneranträge. Im Vergleich mit einem Bürgerbegehren ist die Zugangshürde dazu eher gering und erfordert im maximalen Fall 300 Unterschriften. Trotzdem ist die Anzahl der Anträge noch geringer als bei den Bürgerbegehren, die im Zweifel mehrere tausend Unterschriften erfordern. Hier könnte man mutmaßen, dass die Bürger für einen normalen Antrag an den Gemeinderat eventuell einfach Kontakt zu den Parteien einsetzen und darüber Anträge stellen lassen – das ist deutlich weniger Aufwand als eine Unterschriftensammlung, auch wenn diese nur wenige hundert Unterschriften umfasst.
Auch das neue Thüringer Gesetz zur direkten Demokratie auf kommunaler Ebene, das 2016 verabschiedet wurde, konnte an den geringen Fallzahlen wenig ändern.
Nur selten erfolgreich
Von den sieben 2017 eingereichten Bürgerbegehren war der größte Teil leider bisher nicht erfolgreich. Leider lässt sich hier noch nicht genau sagen, wie die Fallzahlen aussehen, da viele der Begehren erst gegen Ende 2017 eingericht wurde und es daher noch keine aussagekräftigen Bearbeitungsstand dazu gibt.
Man kann aber sagen, wie viele der sieben Begehren erfolgreich waren. Das betrifft den Antrag auf ein Bürgerbegehren aus Benshausen vom 23. Juni 2016. Es wurde zwar kein Bürgerentscheid durchgeführt, aber der Gemeinderat hat beschlossen, ein Ratsreferendum durchzuführen (womit man sich viel Arbeit mit den Unterschriften spart) und diese wurde durch die Bürger mehrheitlich bestätigt. Die Gemeinde Benshausen wurde damit aufgelöst und in Zella-Mehlis eingegliedert.
Der zweite erfolgreiche Fall stammt auf dem März 2017 und betrifft die Gemeinde Gößnitz im Altenburger Land. Hier wurde das Bürgerbegehren durchgeführt und etwa zwei Drittel der Bürger stimmten dafür, dass die Gemeinde eigenständig bleibt.
Darüber hinaus sind derzeit bei Verwaltungsgericht in Weimar noch mehrere Verfahren anhängig, so dass sich diese Zahlen durchaus noch verändern können. Konkret sind dazu folgende Aktenzeichen aufgeführt:
- 3K 1072/16 We vom 17.10.2016
- 3 K 212/17 We vom 16.02.2017
- 3 K 213/17 We vom 16.02.2017
- 3 K 350/17 We vom 27.03.2017
Das bekannteste Verfahren in diesem Zusammenhang dürfte wohl der erste Fall sein. Hier wurde ein Bürgerbegehren gegen einen Moscheebau in Erfurt beantragt. Dieses wurde aber mit Verweis auf die Religionsfreiheit im Grundgesetz abgelehnt. Dagegen klagen nun die Initiatoren.