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Einzelhandels-Analyse für Jena – zu niedrige Zahlen für den Planungsraum Nord

Die Stadt hat die neue Bedarfsanalyse für den Einzelhandel in Jena Nord und Lobeda online gestellt und für Jena Nord wird in dieser Auswertung eine gute Versorgungslage bescheinigt. Auch zukünftig braucht dieser Bereich der Stadt ( bestehend aus Jena Nord, Löbstedt, Zwätzen, Closewitz und Kunitz mit Laasan) kaum neue  Handelsflächen, da die Bevölkerung sich kaum verändert und daher auch der Bedarf mehr oder weniger gleich bleibt. Tatsächlich geht die neue Bedarfsanalyse von nur etwa 1 Prozent Wachstum der Bevölkerung im Bereich Nord aus.

Die Zahlen im Detail lauten:

  • Stand 31.12.2017: 21.180 Einwohner
  • geplanter Stand 2025: 21.380 Einwohner

Die Planungen gehen also davon aus, dass im Raum Nord in den nächsten 7 Jahren nur etwa 200 Einwohner dazu kommen. Das wirkt merkwürdig, denn in den letzten Jahren ist dieser Stadtteil um etwa 12 Prozent gewachsen und nun soll auf einmal dieses Wachstum mehr oder weniger zum Erliegen kommen. Noch merkwürdiger wirkt es, wenn man sich die geplanten Neubauprojekte in Nord und vor allem in Zwätzen anschaut. Ein Großteil des Wohnungsneubaus der Stadt soll in den nächsten Jahren dort erfolgen. Konkret sind bereits folgende größeren Projekte eingeplant:

  • Im Oelste: +350 Wohneinheiten
  • Mönchenberge: +300 Wohneinheiten
  • Zwätzen Nord: +150 Wohneinheiten (eventuell mehr)

Allein mit diesen großen Gebieten kommt man bereits auf 800 Wohneinheiten die bis 2025 realisiert werden könnten (rechtskräftige Bebauungspläne). Rechnet man mit etwa 1,5 Personen pro Wohnung müßte allein aufgrund dieser Neubauten die Zahl der Einwohner im Planungsraum um 1.200 ansteigen. Das wäre eine deutliche Steigerung im Vergleich zur Prognose aus der Analyse und würde auch die Ergebnisse sehr verändert. Bei den in der Analyse verwendeten 5.570 euro einzelhandelsrelevante Nachfrage würde die Kaufkraft in Nord und vor allem in Zwätzen mit einmal um 6,6 Millionen Euro pro Jahr ansteigen. Dazu kommen noch die kleineren Bebauungen und Projekt wie beispielsweise das neuen Studierendenwohnheim im Bereich des Saalbahnhofes.

Es scheint also, als würde die Analyse zum Einzelhandel die Bevölkerungsentwicklung in diesem Bereich von Jena massiv unterschätzen und daher auch den Bedarf an Einzelhandelsflächen als zu niedrig einstufen. Damit würde für die nächsten Jahre eine Versorgungssituation in Nord zementiert, die mit dem Wachstum der Stadt nicht mithalten kann.

Wie kommen die niedrigen Zahlen zu Stande?

Die Potentialanalyse rechnet für die Entwicklung der Bevölkerung mit den Zahlen auf der Prognose der Stadt von 2014 in Kombination mit der Präzisierung von 2016. In den Quellenangaben heißt es dazu:

Verwendet wird eine Aktualisierung der Bevölkerungsprognose 2014. Dabei wurden, bezogen auf Planungsraum, Altersjahrgang und Geschlecht, zum 31.12.2016 die Ist‐Werte angesetzt. Die zukünftigen Veränderungen (Geburten, Sterbefälle, Zu‐ und Wegzüge) wurden unverändert aus der Prognose 2014 zur Fortschreibung dieser Ist‐Werte übernommen

Das Problem bei dieser Prognose lässt sich in den Prämissen für die Entwicklung der Bevölkerung erkennen. Dort heißt es:

Deswegen wurde von einer ähnlichen Bautätigkeit wie bisher unter Beachtung der aktuell planungsrechtlich vorhandenen Wohnbauflächen ausgegangen.

In Jena Nord wurden aber viele Bauprojekte erst nach 2014 planungsrechtlich beschlossen. Alle drei oben genannten Projekte kamen erst danach in die Umsetzung und sind daher in dieser Prognose bisher nicht enthalten. Die Präzisierung 2016 erfolgt in erster Linie im Bereich der Flüchtlingszahlen und wurden daher bei der zukünftigen Entwicklung in der Analyse zum Einzelhandelskonzept nicht beachtet – man hat mit den Zahlen von 2014 weiter gerechnet, obwohl da bereits Hinweise da waren, dass diese die Entwicklung in Nord unterschätzen.  Dazu kommt, dass es bis 2014 (also zum Stand der Prognose) in Nord kaum Wachstum gab. Dieses war erst ab 2015 deutlich erkennbar und daher in der Prognose so noch nicht mit vorhanden.

Die fehlerhaften Zahlen in der Entwicklung sind deswegen ein Problem, weil sie die Grundlage für alle anderen Berechnungen bilden. Der Bedarf wird anhand der erwarteten Bevölkerungszahlen ermittelt und wenn diese zu niedrig sind, ist auch der Bedarf zu niedrig. Daher sollte man zumindest für den Planungsraum Nord versuchen, diese Zahlen zu aktualisieren und an den derzeitigen Stand anzupassen. Die ist auch vor dem Hintergrund sinnvoll, dass derzeit ja geplant wird, das Wachstum der Stadt noch weiter zu beschleunigen – die Zahlen sollten eigentlich noch stärker steigen als bisher.

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